Welche Steine und warum?

Ein kurzer Überblick über die von uns verwendeten Steinsorten

Alabaster

ist - chemisch gesehen - Gips und wird als grosse Knollen dort im Erdreich gefunden, wo in prähistorischer Zeit zunächst Meere zu Seen wurden, die dann komplett verdunsteten. Übrig blieben Kalkablagerungen (also Gips) und als solcher ist der Alabaster wasserlöslich und leider nicht frostfest, weshalb Skulpturen aus Alabaster sich nur "zu Hause" dauerhaft wohlfühlen und halten.

Vom Aussehen kann besonders der weisse Alabaster schon mal mit Marmor verwechselt werden, aber er ist deutlich weicher (Mohs-Härte 1,5 bis 2) und fühlt sich im Gegensatz zu Marmor spürbar wärmer an, da er ein schlechterer Wärmeleiter ist und die Körperwärme nicht so schnell ableitet wie Marmor.
Alabaster lässt sich - wenn man seine durch Schichtungen gegebene Zerbrechlichkeit und die Wasserlöslichkeit beachtet - recht angenehm bearbeiten. Er kann gut mit geschmiedeten Handmeisseln und -Raspeln in Form "gestreichelt" werden und auch schleifen/polieren lässt er sich sehr gut.

Die Belohnung für diese Arbeit ist, dass Alabaster auch sehr dünn ausgeschliffen werden kann und dann - speziell in den helleren Sorten - teilweise lichtdurchlässig ist, etwa wie Milchglas. Die dabei auftretenden Lichteffekte faszinieren immer wieder...

Alabaster tritt in einigen Farbvarianten auf, von weiss über honig- und karamelfarben bis zum schokoladigen braunschwarz. Aber auch roséfarbene und bläuliche Varianten sind, mit ein wenig Glück, zu bekommen.

Verwendet wird der "echte" Gips-Alabaster seit etwa der Zeit der alten Römer.


Sein Namensvetter "Ägyptischer Alabaster" sieht zwar aus wie Gips-Alabaster, stapelt aber dem Namen nach tief: Es handelt sich dabei um einen Kalkstein, der deutlich härter und auch nicht wasserlöslich ist. Dass er dennoch (fälschlicherweise) als Alabasterart beschrieben wird, verdankt er seiner geographischen Herkunft: Bereits die alten Ägypter haben ihn in einem Landstrich im südlichen, unteren Niltal gewonnen, den sie "Alabastrites" genannt haben. Korrekterweise nennt man diesen ägyptischen "Alabaster" aber besser "Onyxmarmor".

Blaustein

ist die in Deutschland gebräuchliche Bezeichnung für unterschiedliche Gesteine.
Sowohl der "Irish Blue Limestone" bzw. "Irish Limestone" (irischer Kalkstein) als auch ein Kalkstein aus der Gegend um Aachen werden in denselben Namenstopf geworfen, wie auch ein belgischer Schiefer ("Rechter Blaustein" nach dem Fundort Recht in Ostbelgien; einen "linken" Blaustein gibt es nicht) und ein weiterer Kalkstein aus Belgien, der - um die Verwirrung komplett zu machen - auch oft fälschlich als "Belgisch Granit" bezeichnet wird.
Den Schiefer lassen wir hier mal ausser Acht und konzentrieren uns auf die Kalksteinvarianten.

Ihnen allen gemeinsam ist eine grau-blaue bis anthrazit-schwarze Farbe (graublau wenn nicht poliert oder verwittert, schwarz wenn poliert) und ihre Härte von ca. 3,5 auf der Mohs-Skala rückt diese Steine vom Bearbeiten her in die Nachbarschaft der härteren Marmorsorten.

Auch die Verwendung als "Alltagsstein" ist verwandt mit der des Marmors: Kirchenmauern und -fassaden, wichtigere weltliche Bauten (Rathäuser etc.) sowie im Innenbereich Bodenbeläge, Treppen und Waschtische sind hier - auf Grund der Abriebfestigkeit des Steins - als Wichtigste zu nennen. Neben der Bildhauerei, natürlich...

Anders als Marmor sind im Blaustein weniger aderförmige Einschlüsse und Schichtungen sichtbar, sondern mehr helle, kleine Punkte oder Flecken, die sich bei genauer Betrachtung als die Schalen fossiler Muscheln herausstellen und für ein wenig optisches "Leben" im polierten Stein sorgen.

Da der Blaustein zwar hart und fein kristallin ist aber nicht zur übertriebenen Sprödigkeit neigt, kann er recht gut mit Handwerkzeug bearbeitet werden. Hartmetallmeissel und -raspeln sind hier die Werkzeuge der Wahl, und beim händischen Schleifen sind ein gutes Nassschleifmittel sowie viel Geduld der Weg, um eine wunderbar glatte und handschmeichelnde Oberfläche zu bekommen.

Kisii / Sipolilo Stone

wird auch gern "Kenianischer Speckstein" oder "Kisii Soapstone" genannt. Die weicheren Varianten dieses Steines kommen hauptsächlich aus dem Distrikt "Kisii" in West-Kenia, in der Nähe des Viktoriasees und lassen sich tatsächlich wie Speckstein mit Schnitzwerkzeug bearbeiten, während man bei den härteren Lagen (Sipolilo Stone, Vorkommen hauptsächlich in Zimbabwe) denn doch dankbar einen "einfachen" geschmiedeten Meissel einsetzt.

Sipolilo Stone ist in der Hauptsache cremefarben, birgt aber manchmal auch Geschenke in Form von rötlichbraunen bis purpurnen Einschlüssen. Gelegentlich sind Risse im Stein, die dann gerne Eisenoxyd (also ganz normalen Rost) enthalten. Hier besteht immer die Gefahr, dass der Stein entlang dieser Risse springt, da das Eisenoxyd nach deutlich mehr Raum verlangt als die reinen Eisenpartikel, die in die ursprünglich winzigen Risse im Stein eingedrungen waren. Stichwort "Ein Millimeter Eisen gibt zehn Millimeter Rost".

Die Härte des Steins variiert von etwa 1 für kenianischen Kisii bis 2,5 für Sipolilo auf der Mohs-Skala, also von "mit dem Fingernagel ritzbar" bis "mit einem Stahlnagel ritzbar". Sipolilo Stone neigt nicht zur Krümelbildung, was ihn sehr angenehm bearbeitbar macht. Insbesondere mit Nassschleifpapier lässt sich eine sehr samtig-glatte Oberfläche erzielen.

Marmor

ist der Klassiker schlechthin, wenn man an Steinbildhauerei und -skulpturen denkt. Chemisch gesehen ist es ein Kalkstein, der auf halbem Weg zur Umwandlung in ein Kohlensäuresalz eine lange Pause eingelegt hat, wofür nicht nur ich sehr dankbar bin!

Marmore, wie sie in der Bildhauerei verwendet werden, können praktisch alle Farben aufweisen und von überall her in Europa kommen: weisser Statuario oder Paonazzo aus Italien (Stichwort Carrara!), rosafarbener Aurora und rosa-grau gebänderter Estremoz aus Portugal, grüner Kittilä aus Finnland, honigfarbener Marmor aus Siena, purpurroter Parnon aus Griechenland, schwarzer Marmor aus Anatolien - die Liste könnte beinahe endlos weiter geführt werden. Auch das Vorhandensein und die Stärke, Farbe und Struktur von Schichten und Bändern (oder eben auch nicht) ist so gut wie unendlich.

Marmor ist kalt - jedenfalls fühlt er sich so an, wenn man ihn anfasst, denn er ist ein guter Wärmeleiter und entzieht der Haut sehr schnell ihre Wärme. Manche verwenden den Begriff "kalt" auch optisch, da gerade die reinweissen Sorten (die interessanterweise oft als die "edelsten" gelten) auch tatsächlich ein recht unnahbares Erscheinungsbild erzeugen.

Marmor ist aufgrund seiner Härte (3 bis 4 auf der Mohs-Skala) am Besten mit gutem geschmiedeten oder sogar Hartmetallwerkzeug zu bearbeiten. Zu beachten ist dabei, dass der Schlag auf den Meißel nicht nur an der Oberfläche Material abträgt, sondern auch eine regelrechte Schockwelle im tiefer gelegenen Kristallgefüge erzeugt, die dort dann matte Prellmarken ergibt. Marmor möchte also sanft behandelt werden, sonst kann er zur Diva werden...

Serpentinit

ist ein Sammelbegriff für Gesteine, die tief im Magma durch Druck- und Temperatureinfluss aus verschiedenen Elementtypen zusammengebacken und zu einem späteren Zeitpunkt in (meist knolliger) Form durch tektonische Bewegungen an die Erdoberfläche transportiert wurden. So unterschiedlich die eingebetteten Mineralien in Gesteinen der Serpentinit-Gesteine sind - Magnesium, Eisen, Nickel, Kobalt und andere - so unterschiedlich sind auch die Fundorte. Serpentinit wird in Asien ebenso vorgefunden wie in Europa, auf Kuba und dem afrikanischen Kontinent.

Das Farbenspiel von Serpentiniten reicht von cremeweiss (White Opal) über honig- und karamelfarben (Fruit), rötlich-weiss-grünlich gebändert (Cobalt Serpentin), verschiedene Grüntöne (Green Opal, Leopardstone) bis schwarzbraun (Black Serpentine) und tiefschwarz (Springstone). Dabei variieren die Härten von etwa 2,5 Mohs (Green Opal) bis etwas über 4 Mohs (Springstone).

Die teilweise ausgesprochen prächtigen Farben und die Möglichkeit der Bearbeitung mit Handwerkzeug sind mit ein Grund, weshalb ich Serpentine sehr gern bearbeite. Aber auch, dass man sie in allen Stufen von seidenmatt bis hoch glänzend polieren kann. Gerade der Kontrast vollständig durchgearbeiteter Flächen zu roh-gebrochenen Bereichen ist bei den Serpentiniten sehr reizvoll, da hier die intensiven, reichen Farben der polierten Flächen mit den stark strukturierten,  gebrochenen und etwas blasser erscheinenden Partien des rohen Steins kontrastieren.

Ich bevorzuge Serpentin aus Zimbabwe, denn das ist der Stein, mit dem ich quasi "richtig" in die Bildhauerei eingestiegen bin. Die Vorkommen in Zimbabwe liegen hauptsächlich im Bereich des "Great Dyke", einem Höhenzug, der das Land in etwa Nord-Süd-Richtung durchquert. Dabei verläuft er auch durch den Distrikt Guruve, wo  sich in der Künstlerkolonie Tengenenge ("Der Anfang vom Anfang" in der Shona-Sprache) die wahrscheinlich weltweit grösste Dichte von Steinbildhauern pro Quadratmeter befindet. Unter anderem kommen aus Tengenenge und Umgebung auch die - mittlerweile zu sehr lieben Freunden gewordenen - Künstler Richard Kambuzuma, Sydney Majengwa, Washington Matafi, Godfrey Matungamidze und allen voran Merchers Chiwawa, die mir den Weg in die Steinbildhauerei gezeigt und die Liebe zum Stein in mir geweckt haben.

 

Da meine Lieferanten die Rohsteine aus dieser Familie in Form gebrochener (nicht gesägter) Stücke unterschiedlichster Größe vorrätig haben, finden sich immer ein paar Exemplare, die mir zuflüstern "nimm mich mit, in mir steckt etwas Besonderes!". Bisher hat mich noch keiner dieser Kandidaten beschummelt - nur manchmal würde ich mir ein Auto mit mehr Zuladung wünschen...